08.08.2024

Underwater Radiated Noise: Forschungsprojekt HyPNoS eröffnet Wege zum Schutz der Unterwasserwelt

In der internationalen Schifffahrt werden zunehmend Maßnahmen zur Erhaltung und zum Schutz der Unterwasserwelt erforscht. Zu diesem Zweck schlägt die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) die künftige Überwachung von Underwater Radiated Noise (URN) vor, was zur Festlegung von Schwellenwerten in Verbindung mit langfristigen Überwachungsanforderungen für bestimmte Regionen führen kann. Im Forschungsprojekt HyPNoS (Hydrodynamic Propeller Noise Monitoring System) untersuchte der internationale Antriebsspezialist SCHOTTEL zusammen mit dem Projektträger Transport Canada und dem Partner BC Ferries die Emission von Unterwasserlärm durch Schiffsantriebe in den Gewässern vor Vancouver, Kanada.

Simulierter Druckverlauf am Schiffsrumpf über dem Propeller, der direkte Rückschlüsse auf den Schwingungsverlauf und die URN-Emissionen herstellt.

Der Schwerpunkt lag auf der Entwicklung von Methoden zur Messung, Vorhersage und Meldung von URN und der Ableitung von optimierten Konstruktionsmaßnahmen zu deren Reduzierung. Die Forschung mündete nun in der Entwicklung eines bordeigenen Echtzeit-URN-Meldesystems für Besatzung und Schiffsbetreiber. 

Entwicklung eines einzigartigen URN-Überwachungssystems
Das Einrichten von Umweltschutzzonen im Hinblick auf URN-Emissionen oder die Sichtung gefährdeter Meereslebewesen zwingt Schiffe derzeit dazu, bestimmte Gebiete zu meiden oder sie mit verringerter Geschwindigkeit zu durchfahren. Eine Verringerung der Geschwindigkeit garantiert jedoch nicht immer eine Reduktion des URN. Es ist bekannt, dass Rumpfvibrationen oberhalb des Propellers direkt mit dem Unterwasserlärm korrelieren. HyPNoS untersuchte die Möglichkeit, den Unterwasserlärm auf mehreren kanadischen Doppelendfähren zu reduzieren, mit dem Ziel, ein einzigartiges URN-Überwachungssystem zu entwickeln, das auf modernster Machine-Learning-Technologie basiert. Die unmittelbare Motivation für das HyPNoS-Projekt war der Schutz von Walarten, insbesondere der Southern Resident Killer Whales in der Straße von Georgia bei Vancouver. Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen der Quiet Vessel Initiative (QVI) von Transport Canada durchgeführt. Die Forschung konzentrierte sich auf die Entwicklung und Installation eines funktionierenden Prototyps eines kalibrierten Live-URN-Überwachungssystems an Bord. Dieses System liefert der Besatzung und dem Betreiber eine Live-Rückmeldung über die Unterwassergeräuschemissionen ihrer Schiffe während des Betriebs, so dass operationelle Maßnahmen zur Beeinflussung der Geräuschemissionen getroffen werden können.

Messung, Berechnung und Vorhersage der URN
Die URN-Messmethoden bestanden aus einer Kombination von Schwingungsanalysen des Schiffskörpers und Unterwassergeräuschmessungen mit Hydrophonen. Durch umfangreiche Untersuchungen wurde ein quantitativer Zusammenhang zwischen den Vibrationen und dem abgestrahlten Lärm hergestellt, der zu einem Muster führte, aus dem die SCHOTTEL-Ingenieure einen Algorithmus zur Berechnung und Vorhersage der URN entwickelten. Dieser Algorithmus kann auch Faktoren wie Propellerdrehzahl, Propellersteigung, Schiffsgeschwindigkeit oder andere Eingangsgrößen berücksichtigen. Die Untersuchungen wurden auf einer Reihe von Schiffen der Coastal Class von BC Ferries in Kanada und in den SCHOTTEL-Produktionsstätten in Deutschland durchgeführt. Die Schiffe wurden mit einem ursprünglichen und einem geräuschoptimierten Propellerentwurf getestet, der trotz eines geringeren Propellerdurchmessers von 4,7 Metern im Vergleich zu 5 Metern eine durchschnittliche Reduzierung des URN um 5 Dezibel ergab. Dies beweist die Wirksamkeit der Nachrüstung von Antriebssystemen mit moderneren Designs. Die Forscher verbesserten ihre CFD-Simulationswerkzeuge zur Analyse und Vorhersage des in das Schiff und das umgebende Wasser abgegebenen Lärms. Ein wichtiges Ziel des Projekts war auch die Sensibilisierung der Schiffsbetreiber für Lärm durch ein Echtzeit-Meldesystem. In Zukunft werden solche Rückmeldesysteme die Betreiber in die Lage versetzen, auf hohe URN-Pegel zu reagieren und Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um sie während des Betriebs zu reduzieren. Darüber hinaus werden die Betreiber in der Lage sein, historische und flottenweite Auswertungen über ein cloudbasiertes System im Internet vorzunehmen, das dann genutzt werden könnte, um Behörden, Organisationen oder der breiten Öffentlichkeit Geräuschemissionsmerkmale zur Verfügung zu stellen.

Richtungsweisend für zukünftige Entwicklungen
Die Ergebnisse zeigen, dass die Anforderungen der IMO an URN-Überwachungssysteme erfüllt werden können. Selbst minimale Eingaben, wie beispielsweise die Messung von Vibrationen allein, können ausreichen, um eine aussagekräftige Bewertung des erzeugten Unterwasserlärms zu erhalten. Es wurde auch deutlich, dass Änderungen in der Propellerkonstruktion eine sinnvolle Maßnahme zur Reduzierung von URN sein können. Darüber hinaus hat die Forschung gezeigt, dass URN bereits in der Entwurfsphase von Propellern in akzeptablem Maße vorhergesagt werden kann und dass verschiedene Entwürfe verglichen und qualifiziert werden können. Mit diesen neuen Analyse- und Vorhersagemöglichkeiten wird es möglich sein, Antriebssysteme im Hinblick auf URN deutlich zu verbessern, was den Bemühungen um den Schutz des Meereslebens sehr zugute kommen wird. Die im Rahmen des HyPNoS-Projekts gesammelten Daten werden richtungsweisend für zukünftige Entwicklungen sein. Auf Kundenwunsch ist SCHOTTEL nun in der Lage, sie in das Produktdesign einfließen zu lassen.